Markenversprechen: Weg vom blabla

Wirf komplizierte Markenmodelle über Bord. Es braucht nicht viel, damit Menschen dich mögen und über dich sprechen. Aber das muss richtig gemacht werden.

Michael
Ruetti

Wann war das letz­te Mal, dass ei­ne Vi­si­on oder ein Leit­bild ei­ner Mar­ke dein Le­ben in­spi­riert ha­t? Mei­ne Ant­wort: nie. Und mei­ne Be­ob­ach­tun­gen im per­sön­li­chen Um­feld un­ter­stüt­zen die­se Ant­wort: Die meis­ten Men­schen wis­sen nicht ein­mal, warum es die­se Kon­struk­te von Mar­ken­stra­te­gie, -sys­te­ma­tik etc. gibt, ge­schwei­ge denn, dass sie sie ver­ste­hen. 

Ver­giss kom­pli­zier­te Mar­ken­mo­del­le

Ich bin seit 20 Jah­ren in der Mar­ken­be­ra­tung tä­tig und ha­be vie­le ver­schie­de­ne Mar­ken­mo­del­le und -platt­for­men ken­nen­ge­lernt – die meis­ten da­von kom­plex und/oder un­fle­xi­bel. Ei­ni­ge so­gar dog­ma­tisch. Ich ha­be den Ein­druck, dass vie­le der Mo­del­le sehr oft ei­ne Mög­lich­keit für Be­ra­ter*in­nen (oder Uni­ver­si­täts­pro­fes­sor*in­nen mit Ne­ben­job) sind, sich als un­ent­behr­lich dar­zu­stel­len. Die Idee hin­ter die­sem An­satz ist ein­fach: Je­de und je­der kann es ma­chen, wenn es zu ein­fach aus­sieht. Aber wenn es nie­mand ver­steht, dann muss es wis­sen­schaft­lich sein. Das ist zwar bi­zarr, funk­tio­niert aber im­mer noch als Ge­schäfts­mo­dell für Agen­tu­ren und Be­ra­tun­gen. 

Ein Blick zu­rück

Wo­her kommt das al­les? In den An­fän­gen, die bis in die spä­ten 1970er Jah­re an­dau­er­ten, ging es im Mar­ke­ting nur um das Pro­dukt. Kaum je­mand sprach über Bran­ding, und wenn doch, dann im­mer in Ver­bin­dung mit ei­nem phy­si­schen Pro­dukt, sei­nen Vor­tei­len und Ei­gen­schaf­ten. In den 1980er Jah­ren ver­la­ger­te sich der Schwer­punkt auf das Image. Die Ver­mark­tungs­bran­che er­kann­te, dass man nicht ge­mocht wird, wenn Image und Pro­dukt­merk­ma­le nicht über­ein­stim­men – so­gar in der Vor-Fa­ce­book-Ära. Ein ein­fa­ches Miss­ver­hält­nis zwi­schen Ver­spre­chen und Er­fah­rung führ­te zu Frus­tra­ti­on. Die Men­schen wand­ten sich von Mar­ken ab, die zu viel ver­spra­chen, und hiel­ten ih­re Por­te­mon­nai­es ge­schlos­sen. In den 1990er-Jah­ren ver­la­ger­te sich das Ge­spräch dann auf die Mar­ke­ni­den­ti­tät, die durch Mar­ken­wer­te de­fi­niert wird. Schliess­lich hat­te je­de zwei­te Mar­ke Qua­li­tät und Fle­xi­bi­li­tät in ih­rem Kern. Wir soll­ten dank­bar sein, dass sich die­se Ge­schich­te im ak­tu­el­len Jahr­tau­send nicht wie­der­holt hat. Statt­des­sen fand in den 2000er-Jah­ren ein Pa­ra­dig­men­wech­sel statt, der im­mer noch im Gan­ge ist: die Ent­de­ckung der Nut­ze­rin oder des Nut­zers.

Was braucht man wirk­lich, um ei­ne Mar­ke auf­zu­bau­en? Ein kla­res Ver­spre­chen. Nicht mehr und nicht we­ni­ger. Du musst da­bei zwei Per­spek­ti­ven mit­ein­an­der ver­bin­den:

  1. Was deine Mar­ke ver­mit­teln will und
  2. Wel­che Wir­kung du bei deinen Nut­zer*in­nen er­zie­lst

Es geht um soziale In­ter­ak­ti­on.

Ei­ne Mar­ke ist ein Ver­spre­chen

Ei­ne Mar­ke wird nicht durch einen Satz auf ei­nem Stück Pa­pier de­fi­niert, son­dern durch das, was die Men­schen durch Er­fah­run­gen in ih­ren Her­zen und Köp­fen er­rei­chen. Küm­mere dich nicht zu sehr um das rich­ti­ge Werk­zeug. Über­le­ge, wel­che Rol­le deine Mar­ke im Le­ben der Men­schen, die du an­sprichst, spie­len kann. Wenn du für de­ren Le­ben nicht re­le­vant bist, warum soll­ten sie sich dann für dich in­ter­es­sie­ren? Über­le­ge, wel­che Wir­kung deine Mar­ke ha­ben kann. For­mu­lie­re dann ein präg­nan­tes und re­le­van­tes Ver­spre­chen – aus Sicht der Nut­zer*in­nen. Die­ses Ver­spre­chen ist die Richt­schnur und die Grund­la­ge für al­les, was du auf­baust – sei es Kom­mu­ni­ka­ti­on, Pro­dukt­merk­ma­le, Mar­ken­de­sign oder ir­gen­det­was an­de­res. Du musst die­ses Ver­spre­chen ein­lö­sen, um ein über­zeu­gen­des Nut­ze­rer­leb­nis zu schaf­fen. Wenn dir das ge­lingt, wer­den die Men­schen dich mö­gen und über dich spre­chen – und du wirst die Früch­te da­für ern­ten.

Je kon­kre­ter, de­sto wir­kungs­vol­ler 

Wenn du dein Ver­spre­chen de­fi­nie­rst, sei­ ehr­lich zu dir selbst – und zie­he deine Mit­ar­bei­ten­den mit ein. Denn die­se wer­den das Ver­spre­chen in den Markt tra­gen. Ein Ver­spre­chen muss für al­le klar und ver­ständ­lich sein, ganz un­ab­hän­gig da­von, ob es sich um ein Star­tup oder einen Gross­kon­zern han­delt: Nichts ist schlim­mer als ei­ne Fir­ma mit sie­ben ver­schie­de­nen Ver­spre­chen. Ein Ver­spre­chen muss al­so spe­zi­fisch sein und ein­deu­tig mess­bar. 

Ein Schwei­zer Bier­brau­er soll­te al­so nicht sa­gen: «Wir wol­len der bes­te Bier­brau­er in der Schweiz wer­den». Bes­ser wä­re: «Wir wol­len bis 2023 der gröss­te Her­stel­ler von Pre­mi­um-Bier in der Schweiz sein.» Wenn das gan­ze Un­ter­neh­men die­ses Ver­spre­chen an sich selbst teilt, wird es für al­le An­ge­stell­ten ein­fa­cher, Ent­schei­dun­gen zu tref­fen und zu über­prü­fen, ob die Zie­le auch er­reicht wer­den.

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